Besondere Herausforderungen beim Planen und Bauen von Rettungswachen
Rettungswachen sind entscheidende Knotenpunkte in der medizinischen Notfallversorgung. Sie sind der Ausgangspunkt für Rettungsdienste und spielen eine wesentliche Rolle bei der schnellen Reaktion auf lebensbedrohliche Situationen. Das Planen und Bauen von Rettungswachen bringt jedoch eine Reihe von einzigartigen Herausforderungen mit sich, die sorgfältige Planung und Expertise erfordern. In diesem Blogartikel sollen einige Vorschriften und Vorgaben anhand von Praxisbeispielen erläutert werden.
Inhalt: Rettungswache planen & bauen
Wie wird der Bedarf an Rettungswachen ermittelt?
Innerhalb von 12 Minuten soll ein Rettungsfahrzeug am Einsatzort sein. Dies legt die Abstände zwischen den Standorten fest und so wird durch den jeweiligen Landkreis, gemeinsam mit Gutachtern, der Bedarf ermittelt. Der gestiegene Bedarf liege auch am veränderten Verhalten der Patienten, so Ute Schmidt-Strewe, Architektin und Fachplanerin im RJ Planungsbüro Kassel und Erfurt. „Die Patienten rufen immer häufiger den Rettungswagen, statt selbst in die Notaufnahme zu fahren oder bei weniger dringenden Erkrankungen zum Facharzt zu gehen.“ Dadurch sei der Bedarf an Rettungswachen in den letzten Jahren gestiegen.
Wer ist an der Planung beteiligt?
Hierfür wird ein Bauausschuss gegründet. Dieser besteht meist aus Vertretern des Katastrophenschutzes des Landkreises (Fachdienst 38), Vertretern des örtlichen Bauamts (Fachdienst 15), spezialisierten Architekten für Sozialbau und Gesundheitsbau, Fachleuten aus der Hygieneüberwachung, angestellten Rettungssanitätern die ihr Praxiswissen aus dem Berufsalltag einbringen können, sowie Vertretern des Trägers, wie beispielsweise dem Deutschen Roten Kreuz, dem ASB oder den Johannitern. Oftmals wird ein Projektsteuerer eingesetzt, der dies koordiniert.
Grundlagen & Vorplanung einer Rettungswache
1. Standortwahl und Zugänglichkeit
Die Auswahl des Standorts für eine Rettungswache ist von entscheidender Bedeutung. So fängt eine gute Planung schon bei der Auswahl des Grundstückes an, das erst einmal gefunden werden muss. Es muss verkehrsgünstig gelegen sein, mit guter Anbindung an eine Landstraße, was die Reaktionszeiten minimiert. Die Größe der Rettungswache und damit auch des Grundstücks richtet sich nach dem Bedarf vor Ort. So gibt es unterschiedliche Anforderungen an Rettungswachen mit 12 oder 24 Stunden Schichten, womit unterschiedliche Vorgaben an die Größe aus der DIN einhergehen. „Unnötige Kosten oder Verzögerungen können also schon dadurch vermieden werden, wenn bereits an dieser Stelle gründlich geplant und hingeschaut wird“, empfiehlt Ute Schmidt-Strewe.
2. Platzbedarf und Raumplanung
Grundsätzlich lautet die wichtigste Regel „kurze Wege“. So befinden sich Ruheräume und Aufenthaltsräume in unmittelbarer Nähe zur Fahrzeughalle, denn Schnelligkeit ist im Notfall das Wichtigste. Jede Minute zählt. Daher werden Rettungswachen am besten eingeschossig geplant, lediglich Schulungs- oder Fitnessräume können im ersten Obergeschoss untergebracht werden, wenn diese gewünscht sind. „Das verdeutlicht auch noch einmal die wichtigen Anforderungen an entsprechend große Grundstücke, die Platz für große eingeschossige Bauten und Parkflächen bieten“, ergänzt die erfahrene Architektin. „Optimal ist es, wenn das Grundstück eine Aussicht auf Erweiterung ermöglicht.“
Rettungswachen müssen ausreichend Platz bieten, um Fahrzeuge, medizinische Ausrüstung und das Personal unterzubringen. Die Infrastruktur muss den speziellen Anforderungen des Rettungsdienstes gerecht werden, einschließlich sanitärer Einrichtungen, Lagerräumen für medizinische Vorräte und Bereichen für Schulungen und Besprechungen. „Insgesamt lautet die Devise form follows function. Die Raumgrößen sind ebenfalls eng in der DIN vorgegeben, sodass es kaum Möglichkeiten für eine besondere architektonische Gestaltung gibt. Es ist ein Nutzbau, bei dem wir als erfahrenes Architekturbüro mit der Gestaltung von Fassaden, Dächern oder einer ansprechenden Farbgestaltung das Beste herausholen. Es ist auch ein Arbeitsplatz für Menschen, das ist uns wichtig.“
3. Technologie und Energie
Moderne Rettungswachen sind stark auf Technologie angewiesen, um effektiv zu funktionieren. Die Integration von Kommunikationssystemen, GPS-Tracking für Rettungsfahrzeuge und digitale Patientenakten ist entscheidend. Schnelles, sicheres Internet ist ausgesprochen wichtig, ebenso der Platz für Antennen um permanente Erreichbarkeit sicherzustellen.
Bei der Gebäudetechnik wird oft auf Photovoltaikanlagen gesetzt. Grundsätzlich haben diese Gebäude aber keinen riesigen Verbrauch. Durch die PV-Anlagen werden die speziellen Lüftungsanlagen, die Durchlauferhitzer für warmes Wasser in den Bädern (der Anschluss eines Warm- und Kaltwassersystems lohnt sich nicht bzw. stehen die Kosten nicht im Verhältnis) sowie die Elektrogeräte in der Küche betrieben. „Bei den Küchen ist es vielleicht ein interessantes Detail, dass spezielle Geräte ausgewählt werden müssen, die sich automatisch abschalten, wenn keine Bewegung mehr erfolgt – damit nichts anbrennt, wenn die Sanitäter zum Einsatz müssen, während sie sich etwas zu Essen zubereitet haben.“, erklärt Ute Schmidt-Strewe weiter.
Bei der Bauweise sind sowohl Holz- als auch Massivbauweise möglich. Das muss je nach Standort und Rahmenbedingungen entschieden werden. Fahrzeughallen müssen allerdings meist mit einem Stahldach und Betonwänden errichtet werden, da nur so die großen Spannweiten realisiert werden können.
4. Sicherheits- und Hygienevorschriften
Rettungswachen unterliegen strengen Sicherheits- und Hygienevorschriften. Dies betrifft nicht nur den Schutz des Personals, sondern auch die Verhinderung von Kreuzkontaminationen und die Aufrechterhaltung einer sicheren Umgebung für Patienten. Die Einhaltung dieser Vorschriften erfordert eine genaue Planung der Raumgestaltung und die Auswahl von Materialien, die leicht zu reinigen und desinfizieren sind.
In der Praxis bedeutet dies beispielsweise konkret, dass das Personal nach einem Einsatz aus der Fahrzeughalle direkt in eine Schleuse geht, dort die Wäsche abwirft und in Säcke steckt, und von dort weiter in die Duschen gehen kann. Auch dies ist bei der Raumplanung zu berücksichtigen. Der Kontakt mit hochinfektiösen Patienten könnte ein Auslöser für diesen Vorgang sein.
Weiterhin muss das Rettungsfahrzeug nach jeder Fahrt gereinigt werden. Hierfür werden besondere Tücher verwendet oder Desinfektionsräume genutzt.
5. Flexibilität für zukünftige Bedürfnisse
Rettungswachen müssen sich den sich ändernden Bedürfnissen und Anforderungen anpassen können. Dies kann den Einbau erweiterbarer Strukturen oder mögliche Anbauten einschließen. „In einem Fall wurde während der laufenden Bauphase noch für einen Fitnessraum aufgestockt. Dadurch musste auch statisch alles noch einmal neu berechnet werden. Zudem sollte die Halle vergrößert werden, nachdem der Bauantrag bereits gestellt war“, erzählt Ute Schmidt-Strewe aus der Berufspraxis. Diese Flexibiliät sei natürlich möglich, sei aber auch mit zusätzlichen Kosten und zeitlichen Verzögerungen verbunden.
Insgesamt erfordert das Planen und Bauen von Rettungswachen eine multidisziplinäre Herangehensweise, bei der Architekten, Ingenieure, Mediziner und Rettungsdienstleister eng zusammenarbeiten. Nur durch sorgfältige Planung und Beachtung der oben genannten Herausforderungen können Rettungswachen effektiv betrieben werden, um im Notfall Leben zu retten. Diese Investition zahlt sich nicht nur in der Sicherheit der Bevölkerung aus, sondern trägt auch dazu bei, die Effizienz des gesamten Rettungsdienstsystems zu verbessern.
Für die Planung und Realisation Ihrer Bauvorhaben sind wir gerne Ihre Ansprechpartner.